von Mean Streets Antifa & Defund the Police Dortmund
Die Polizeiwache Nord soll also einen schicken Neubau bekommen. Der Umzug, geplant für Ende 2026, erscheint wie eine PR-Glanzleistung, nachdem die Wache in den letzten Jahren in der medialen Berichterstattung eher negativ aufgefallen ist. Daran konnten auch frühere, billigere PR-Stücke wie „Begegnungsfeste“ und „Talk with a Cop“-Formate nichts ändern.
Polizeipräsident Gregor Lange freut sich über den Neubau, um damit dem „Anspruch der Bürger*innen und der Polizei“ gerecht zu werden. Dass seine eigenen Beamt*innen ihm erst kürzlich in den Rücken gefallen sind, hat er scheinbar vergessen. Dortmunder Polizeibeamt*innen der Wache Nord haben sich noch im Mai 2024 bei der Springer Presse ausgeweint, dass sie nicht so viele rassistisch-motivierte Kontrollen durchführen dürfen, wie sie gerne wollen. Das Leben eines Cops muss schon hart sein. Wunderbar, dass sie demnächst in einer aufgehübschten Wache in Selbstmitleid versinken können.
Im Zuge des Neubaus wird mit Barrierefreiheit, Bürger*innenfreundlichkeit und der neusten IT geworben. Der Neubau entsteht zwischen der Münsterstraße, Leopoldstraße und dem Freiherr-vom-Stein-Platz. Ein weiter Umzug wird es vom alten zum neuen Standort also nicht, der Betrieb müsse währenddessen laut eigenen Angaben nicht eingeschränkt werden. Neben der Wache Nord ziehen zudem noch andere Mieter*innen und Geschäfte auf die Fläche des ehemaligen Kinos Studio X. Für die Polizei sind 2800 m² geplant, in denen neben der Wache Nord auch der Bezirksdienst, ein Regionalkommissariat und die noch in Huckarde beheimatete Führungsstelle der Polizeiinspektion 2 einziehen sollen. Dadurch wird insgesamt mehr Polizei im Dortmunder Norden zusammengezogen, eine Entwicklung, die wir äußerst kritisch sehen. Dass mehr Beamt*innen nicht gleich zu mehr Sicherheit, sondern vielmehr zu Konflikten führen, wurde in der Vergangenheit leider zu oft bewiesen.
Bereits im Sommer 2022 haben plakative Warnhinweise mit dem Titel „Achtung – Revier der Nordwache – Hier herrscht Polizeigewalt, Rassismus und Sexismus“ auf die Missstände aufmerksam gemacht. Kurz zuvor berichtete der WDR über zwei Frauen, die unabhängig voneinander schwere Vorwürfe gegen Polizeibeamte der Wache Nord erhoben haben. Es passiert auch nicht selten, dass gerade migrantisierte Menschen berichten, die Wache Nord mit Hämatomen verlassen zu haben oder Beleidigungen und Erniedrigungen erfahren zu haben. Dass Polizeigewalt mit dem Tod endet, ist auch in Dortmund leider kein „Einzelfall“ (siehe Zeitleiste).
Die Wache Nord hat seit Jahren ein strukturelles Problem mit Polizeigewalt und die Führungsebene schaut weg – oder lässt lieber viel Geld in einen unnötigen Neubau stecken, als würde das irgendetwas aufwiegen oder das Leben im Viertel nachhaltig verbessern. Vielleicht reden sich die Verantwortlichen das Ganze einfach schön, um ihre Existenz nicht kritisch hinterfragen zu müssen. Gerade Gregor Lange als ehemaliger Student der Rechtswissenschaften sollte, was seine Polizeibehörde angeht, viel eher vor Scham im Boden versinken oder seinen Job an den Nagel hängen. Zehn Jahre waren LANGE genug und ein weiteres Jubiläum braucht wirklich keine*r. Stattdessen ist scheinbar eine neue Fassade notwendig, um das angeschlagene Image aufzupolieren.
Die Millionen, die dafür verwendet werden, sind sinnvoller in Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Wohnraum oder Gesundheitsdienstleistungen in der Nordstadt investiert als in neue Gewahrsamszellen, wie zahlreiche gut belegte Beispiele der jüngsten Vergangenheit aus den USA zeigen (bspw. Minneapolis, Milwaukee, Denver, Oakland, Portland, Dallas, San Francisco, Seattle und Philadelphia1).
- NBC News (10. Juni 2020). What would it mean to ‚defund the police‘? These cities offer ideas. https://www.nbcnews.com/news/us-news/what-would-it-mean-defund-police-these-cities-offer-ideas-n1229266, zuletzt abgerufen am 19.09.2024 ↩︎